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  • Das Fußball-Management hat sich verbessert.
  • Es wird Zeit, dass die Fans nachziehen.
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Hertha und seine 374 Millionen Euro

Nun ist es amtlich: Die Berliner Hertha wird die Hinserie der Bundesligasaison 2021/22 auf einem Platz in der zweiten Tabellenhälfte beenden. Vielleicht rutscht der Hauptstadtclub sogar noch auf den Relegationsrang ab. Abstiegskandidat statt Big City Club. Triste Realität in Berlin.

Doch sollte nicht eigentlich alles besser werden, weil Investor Lars Windhorst ab Sommer 2019 insgesamt rund 374 Millionen Euro in den Verein steckte? Wo ist das Geld hin? Was hat es der Hertha gebracht, dass man rund zwei Drittel der Clubanteile verkauft hat?

Um diesen Fragen nachzugehen, lohnt ein kurzer Blick auf die Organisation des Clubs. In Berlin wurde die Lizenzspielerabteilung bereits im Jahr 2002 ausgegliedert. Seit dem 19. November 2000 gibt es die sogenannte Hertha BSC GmbH & Co KGaA. Die finanziellen Anteile an dieser Kapitalgesellschaft lagen zunächst allesamt beim Verein (Hertha BSC e.V.).

Heute jedoch hält die Peil Investment B.V. von Lars Windhorst 66,6% der Anteile und der Verein nur noch das verbleibende Drittel. Immerhin steuert der Verein die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) über die Hertha BSC Verwaltung GmbH. Letztere ist zu 100% im Besitz des Vereins. In ihrer Geschäftsführung ist seit Juni 2021 Fredi Bobic für den Bereich Sport zuständig.

Kraft seines Amtes müsste Bobic also wissen, wo die 374 Millionen Euro von Investor Windhorst verblieben sind. Mitte November 2021 verriet er es im Gespräch mit dem Magazin Forbes: „Ein Großteil der Investitionen ist jetzt sowieso schon weg.“

Doch wo sind die vielen Millionen geblieben? Ein neues Stadion hat die Hertha bisher nicht errichtet. Viel Geld ist hingegen für Spielertransfers und -gehälter verwendet worden. Torhüter Lucas Tousart kam beispielsweise für 25 Millionen Euro aus Lyon, wurde direkt nach Kauf im Januar 2020 für ein halbes Jahr dorthin zurück verliehen. Er hat heute einen Marktwert von nur noch 12 Millionen Euro. Sein geschätztes Gehalt liegt bei rund 2,4 Millionen Euro pro Jahr. Bei einem 5-Jahres Vertrag belaufen sich die Gesamtkosten somit auf rund 37 Millionen Euro.

Bei Mittelstürmer Krzysztof Piatek schaut es wenig besser aus. Für 24 Millionen Euro vom AC Mailand im Januar 2020 verpflichtet, liegt sein Marktwert heute noch bei 15 Millionen. Bei vier bis fünf Millionen Euro Jahresgehalt und einem Fünf-Jahresvertrag summieren sich die Kosten hier auf rund 46 Millionen Euro. Rechnen wir etwaige Boni oder Ausgaben für Berater dazu, so kommen wir allein für diese beiden Spieler auf Gesamtkosten von deutlich über 80 Millionen Euro.

Hinzukommt Rechtsaußen Dodi Lukébakio, für 20 Millionen Euro Ablöse verpflichtet und bis Juni 2022 an den VfL Wolfsburg verliehen. Schnell sind im modernen Fußball 100 Millionen Euro ausgegeben, ohne dass man sportlich eine Verbesserung erzielt.

Doch Bobic stellte gegenüber Forbes klar, dass das viele Geld von Windhorst nicht nur für Spieler der ersten Mannschaft ausgegeben werden konnte. Der Club strebt nach wie vor an, ein passenderes Stadion zu errichten. Gespräche mit der Stadt Berlin laufen bereits. Angeblich plant die Hertha das Projekt ohne Steuergelder realisieren zu können. Es soll den schlafenden Riesen auch sportlich wieder zu großen Erfolgen führen.

Dass es dafür womöglich noch mehr Geld von Lars Windhorst (oder anderen Investoren) braucht, steht für Bobic außer Frage: „Ich bin ein Freund davon, jedes Jahr mehr Geld zu haben.“ Doch ohne Mitsprache werden Investoren wenig geneigt sein, zusätzliches Geld in den Fußball zu investieren. Deshalb deutet Bobic bereits an, wohin die Reise seiner Meinung nach gehen wird: „Wir unterstützen die 50+1 Regel, aber ich muss auch realistisch sein: sie wird in Zukunft verschwinden.“

Doch was lässt sich aus der Geschichte um Hertha und seine 374 Millionen Euro lernen? Viel über Fußballmanagement. Für einen Club kann es durchaus sehr vorteilhaft sein, reichlich Geld von einem Investor zu bekommen. Geld schießt Tore, heißt es so schön. Doch Geld allein schießt keine Tore.

Gutes Management ist ebenso wichtig wie finanzielle Mittel. Nur so lässt sich Geld in sportlichen Erfolg verwandeln. Erstens ist es für einen Fußballclub wenig vorteilhaft, unmittelbar kundzutun, dass man neues Geld bekommen hat. Jeder wusste, dass Hertha massenhaft Geld hatte. Deshalb musste der Hauptstadtclub überhöhte Preise für Neuverpflichtungen zahlen.

Zweitens war es wenig sinnvoll, direkt das Geld für neue Spieler auszugeben. Gutes Management zeichnet sich auch durch Geduld aus und zielt auf die richtige Gelegenheit ab. Das Geld von Lars Windhorst kam ab Sommer 2019. Hätte man auch nur ein Jahr mit Verpflichtungen gewartet, so wäre dank der Corona-Krise eine günstige Gelegenheit gekommen.

Und drittens gilt auch im Fußball: Wer die Kapelle bezahlt, bestimmt auch, was gespielt wird. Nur leider waren viele Ideen von Investor Windhorst – man denke an die Herren Lehmann und Klinsmann – wenig hilfreich. Deshalb gilt es eine klare Trennung zwischen Investor und Management zu schaffen.

Fazit: Seit der Saison 2017/18 hat Hertha keinen einstelligen Tabellenplatz in der Bundesliga mehr erreicht. Und die 374 Millionen Euro haben daran auch nichts verändert. Mit besserem Management lässt sich auch ohne Investor viel erreichen. Beispiele finden sich in Freiburg und Mainz. Oder eben in Berlin: bei den Eisernen vom 1. FC Union Berlin. Gegen alle drei hat die Hertha in der Hinrunde verloren. Trotz 374 Millionen Euro gab es in drei Parteien null Punkte und 1 zu 8 Tore. Triste Realität in Berlin.

Quelle: Forbes (November 2021)

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