Suche
  • Das Fußball-Management hat sich verbessert.
  • Es wird Zeit, dass die Fans nachziehen.
Suche Menü

Vom Rekord- zum Serienmeister

Der FC Bayern hat geschafft, woran PSG und Juventus Turin gescheitert sind: zehn Mal in Serie Meister werden. Während den Parisern in der Saison 2016/17 Monaco und 2020/21 Lille den Rang abliefen, endete die Serie der „alten Dame“ nach neun Titeln in der Saison 2020/21 durch den Erfolg von Inter Mailand.

Doch in der Bundesliga liegen die letzten Meisterschaften anderer Clubs schon zehn Jahre zurück. Wir erinnern uns: 2011 und 2012 holte das damals von Jürgen Klopp trainierte Dortmund die Schale. Davor konnte Felix Magath mit Wolfsburg im Jahr 2009 und Armin Veh mit Stuttgart 2007 jubeln.

Wer für die Saison 2022/23 von einer Stuttgarter Meisterschaft träumt, der geht wohl besser zum Arzt. Der ganz große Favorit auf den Titel ist der FC Bayern. Wir können dies auch mit Zahlen ausdrücken. Beim Wettanbieter Bwin bekommt man für eine 10€-Wette auf den elften bayerischen Titel gerade einmal 12€ ausgezahlt, falls Manuel Neuer nächstes Jahr erneut die Schale hochheben wird. Das ist eine Quote von 1.20 oder umgerechnet eine Titel-Wahrscheinlichkeit von rund 80% (= 100 / 1.2) zugunsten des Rekordmeisters. Wer stattdessen 10€ auf Dortmund, Leipzig oder Leverkusen setzt, der bekommt im Fall der Fälle stattliche 60, 100 oder gar 410€ ausgezahlt. Beim VfB Stuttgart sind es sogar 10’010 Euro.

Nun sind Wettquoten so eine Sache. Man hätte auch viel Geld verdient, wenn man vor einem Jahr auf den Sieg der Frankfurter Eintracht in der Europa League gewettet hätte. Dort mussten die Adlerträger die Gruppenphase überstehen und anschließend Achtel-, Viertel- und Halbfinale, bevor das Endspiel gegen die Rangers anstand. Wie wahrscheinlich war ein Titelgewinn? Dafür kann man die Wahrscheinlichkeitsrechnung und ein paar grob geschätzte Zahlen verwenden: 70% für das Überstehen der Gruppenphase, 60% für ein Weiterkommen gegen Betis, 30% für ein Weiterkommen gegen Barcelona, 40% für ein Weiterkommen gegen West Ham und zum Schluss 50% Wahrscheinlichkeit eines Sieges im Endspiel. Macht etwa 2.5% Wahrscheinlichkeit auf den Titel.

Unwahrscheinliche Ereignisse sind also im modernen Fußball nach wie vor möglich. Aber es gibt einen bedeutenden Unterschied zwischen Bundesliga und Europa League: Letztere wird größtenteils im KO-Modus gespielt. Für die Top-Clubs ist das unattraktiv, weil eine einzelne schlechte Leistung nicht so leicht kompensiert werden kann. Bayern München hat dies gegen Villareal in der Champions League und gegen Gladbach im DFB-Pokal erfahren müssen. In der Bundesliga ist es jedoch anders. Eine überraschende Niederlage gegen Augsburg spielt keine große Rolle, weil die Punktezahl nach 34 Partien entscheidend ist.

Doch warum ist der FC Bayern strukturell so sehr der Bundesliga enteilt, dass eine elfte Meisterschaft so wahrscheinlich ist? Blicken wir dazu auf einige Statistiken. Der Umsatz des Rekordmeisters hat sich seit 2004 von 166 auf über 700 Millionen Euro (vor Corona) erhöht. Interessant ist der Vergleich mit den jeweiligen Meistermannschaften früherer Jahre:

  • Im Jahr 2004 gewann Bremen den Titel. Der Umsatz der Hanseaten lag damals bei etwa 40% des damaligen Bayern-Niveaus.
  • Im Jahr 2007 holte Stuttgart den Titel. Mit 59% des Umsatzes von Bayern.
  • Im Jahr 2009 war Wolfsburg erfolgreich, mit einem Umsatz von 43% des Bayern-Niveaus.
  • In den Jahren 2011 und 2012 schließlich konnte der BVB die Meisterschaft feiern. Der Umsatz der Dortmunder betrug damals etwa 47 bzw. 57% vom FC Bayern.

Blicken wir auf die aktuellen Umsatzzahlen der Bundesligisten, so ist Dortmund mit 323 Millionen im Verhältnis zu den Bayern (630 Millionen) also ähnlich konkurrenzfähig wie Meisterclubs in der Vergangenheit. Das gilt allerdings nur relativ. In absoluten Zahlen klafft eine 307 Millionen Euro große Lücke. In der letzten Meistersaison 2012 betrug der Abstand nur 140 Millionen.

Ein ähnliches Bild erhalten wir, wenn wir uns die Marktwerte der Clubs gemäß Transfermarkt.de anschauen. In der Saison 2006/07 stehen für den VfB Stuttgart 97 Millionen Euro zu Buche, beim FC Bayern hingegen 181 Millionen. Zwei Jahre später war der Marktwert des VfL Wolfsburg mit 138 Millionen ebenfalls deutlich niedriger als jener des FC Bayern mit 236 Millionen. Und die Meistermannschaften von Jürgen Klopp errangen den Titel mit 170 beziehungsweise 216 Millionen Marktwert – substanziell weniger als der Münchener Kader, welcher mit 309 und 356 Millionen taxiert wurde. Relativ zu den Bayern lagen die Marktwerte der Meistermannschaften also bei 54 bis 61 Prozent. In dieser Hinsicht stehen Dortmund (70%) und Leipzig (58%) heute keineswegs schlecht da.

Weder der BVB von RB Leipzig können Gehälter zahlen wie der FC Bayern. Die aktuellen Zahlen der DFL zu den Personalaufwänden im Geschäftsjahr 2021 zeigen, dass München mit 373 Millionen Euro viel mehr zahlte als Dortmund (216) oder Leipzig (169). Doch das war vor zehn Jahren kaum anders.

Warum ist es also so unwahrscheinlich, dass die Meisterschale nächste Saison nach Dortmund oder Leipzig geht? Blicken wir erneut auf die 80% Wahrscheinlichkeit für eine elfte bayerische Meisterschaft. Nimmt man dies als Grundlage, so geht die Schale in zwei von zehn Jahren nicht an den Rekordmeister. Die Serie der Münchener geht also statistisch schon recht lange. Zehn Titel in Serie sind unwahrscheinlich, wenn Bayern jede Saison eine 80-prozentige Titelchance hat. Genau genommen sind es nur 11%, dass es dazu kommt (= 0.8^10).

Und tatsächlich hätte Dortmund die Serie 2019 beenden können, vielleicht sogar müssen. Am Ende fehlten dem Team von Thomas Tuchel nur drei Punkte. Ein 2:4 gegen abstiegsbedrohte Schalker am 31. Spieltag und ein 2:2 gegen Bremen am 32. Spieltag – wo man bis zur 70. Minute 2:0 führte – beendeten den Dortmunder Traum auf den Titel.

Bayerns Weg vom Rekord- zum Serienmeister war und ist also keineswegs vorgezeichnet. Durch gutes Management ist der Münchener Vorzeigeclub strukturell aufgestiegen, hat heute hunderte Millionen Euro mehr Umsatz als die Konkurrenz. Doch Überraschungen gibt es immer noch. Auch nach zehn Meisterschaften in Serie können wir nicht ausschließen, dass die Schale nächstes Jahr einen neuen Besitzer findet.

Quellen:

Bwin (Juni 2022)

DFL Wirtschaftsreport 2022

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.